Computer Revolution

FRÜHE INFORMATIONSTECHNOLOGIEN
DIE COMPUTERISIERUNG DER GESELLSCHAFT
VIDEOTEX UND DAS INTERNET
BIBLIOGRAPHIE

Im frühen einundzwanzigsten Jahrhundert wird die Computerrevolution durch einen Personal Computer veranschaulicht, der mit dem Internet und dem World Wide Web verbunden ist. Modernes Computing ist jedoch das Ergebnis der Konvergenz von drei viel älteren Technologien – Büromaschinen, mathematischen Instrumenten und Telekommunikation —, die alle im zwanzigsten Jahrhundert in Europa gut etabliert waren.

FRÜHE INFORMATIONSTECHNOLOGIEN

Büromaschinen wurden erstmals im letzten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts in den USA entwickelt. Büromaschinen milderten die Büroarbeit und erleichterten die systematische Organisation von Großbüros. Die wichtigsten Maschinen waren Schreibmaschinen, Taschenrechner, Lochkarten-Buchhaltungsmaschinen und Ablagesysteme. Amerikanische Unternehmen wie Remington Typewriter, Burroughs Adding Machine und International Business Machines (IBM) waren die bekanntesten Firmen und alle etablierten europäischen Tochtergesellschaften. Mehrere große europäische Hersteller wie Imperial Typewriter (Großbritannien), Olivetti (Italien), Mercedes (Deutschland) und Bull (Frankreich) wurden in den ersten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts gegründet.

Der moderne elektronische Computer wurde 1946 in den USA erfunden. Wie ursprünglich gedacht, war der Computer ein mathematisches Instrument zur Lösung numerischer Probleme. Als solcher war der elektronische Computer der Höhepunkt einer Entwicklungslinie, die mit Charles Babbage (1792-1871) begann, gefolgt von Pionieren wie Leonardo Torres y Quevedo (1852-1936) in Spanien, Louis Couffignal (1902-1966) in Frankreich, Konrad Zuse (1910-1995) in Deutschland und Alan Turing (1912-1954) in England. In den 1950er Jahren erweiterte sich der Anwendungsbereich des Computers auf die Datenverarbeitung sowie die mathematische Problemlösung. Der Büromaschinenriese IBM dominierte schnell die Computerindustrie weltweit. Europa beherbergte nicht nur mehrere IBM-Tochtergesellschaften, sondern auch eine einheimische Computerindustrie mit Firmen wie der britischen ICL, Red Bull, Siemens und Olivetti.

Elektrische Telegraphensysteme wurden gleichzeitig in vielen Ländern um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts entwickelt. Telegraphen wurden ursprünglich für die Signalisierung auf den neu gebauten Eisenbahnen verwendet, fanden aber bald einen lukrativen Markt für die Übertragung von Nachrichten, Markt- und Finanzinformationen. Die 1865 in Bern gegründete International Telegraph Union schuf Standards für die internationale Übertragung von Nachrichten. Jahrhunderts entwickelten sich nationale Telefonsysteme. Es gab mehrere europäische Telekommunikationshersteller, die zu erfolgreichen multinationalen Betreibern wurden, darunter Siemens und Telefunken in Deutschland, Ericsson in Schweden und General Electric in Großbritannien. Das Telefon war um 1910 in ganz Europa weit verbreitet, aber die Verbreitung im Inland war sehr unterschiedlich; in einigen Ländern Europas waren Telefone erst in den 1970er Jahren routinemäßig in Privathaushalten verfügbar. In den 1960er und 1970er Jahren wurden die Telefonsysteme vollständig automatisiert, wobei auf Verbindungen durch menschliche Betreiber verzichtet wurde, und die internationale Reichweite wurde erweitert, so dass es möglich wurde, direkt in die meisten fortgeschrittenen Länder zu wählen.

DIE COMPUTERISIERUNG DER GESELLSCHAFT

Ab Mitte der 1960er Jahre wurden Computer und Telekommunikation zunehmend integriert, so dass viele Unternehmen Transaktionen in “Echtzeit” durchführen konnten.” Zu den sichtbarsten Manifestationen dieser neuen Art der Geschäftsabwicklung gehörten Reservierungssysteme für Fluggesellschaften, Geldautomaten und das Scannen von Barcodes an Supermarktkassen. Weniger sichtbar ermöglichte der elektronische Datenaustausch (EDI) den Unternehmen, elektronisch zu interagieren, wodurch die wirtschaftliche Reibung papierbasierter Systeme beseitigt wurde. Wenn beispielsweise eine Supermarktkasse den Verkauf eines Artikels registriert, werden diese Informationen an den Lieferanten des Artikels übermittelt, damit die Bestände automatisch aufgefüllt werden können. In den 1980er Jahren revolutionierte der “Just-in-Time” -Betrieb die Fertigung: Hersteller und ihre Zulieferer wurden elektronisch miteinander verflochten, so dass Lagerbestände eliminiert und Bestellungen für Komponenten und Baugruppen auf Abruf geliefert werden konnten.

In den 1970er Jahren veränderte die Entwicklung der Mikroelektronik und die Erfindung des Mikroprozessors nicht nur das Business Computing, sondern auch die Unterhaltungselektronik. Die beliebtesten Konsumgüter der frühen 1970er Jahre waren Videospiele, Taschenrechner und Digitaluhren. Die Herstellung von Videospiel-Hardware war zunächst ein amerikanisches Phänomen und wurde später von japanischen Herstellern dominiert. Europa war jedoch gut aufgestellt, um Videospielsoftware sowohl für den einheimischen Geschmack als auch für internationale Märkte zu entwickeln. Die Entwicklung des Taschenrechners sah den Aufstieg neuer Hersteller wie Sinclair im Vereinigten Königreich und den Niedergang der alten Rechenmaschinenhersteller. Digitaluhren waren anfangs teure Geräte, die vor allem technologisch fixierte Männer ansprachen. Als die Technologie reifte, wurden Digitaluhren jedoch billiger, zuverlässiger und genauer als ihre mechanischen Vorgänger. In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre war die mechanische Uhrenindustrie, insbesondere in der Schweiz, am Boden zerstört, und die Hersteller mussten ihre Produkte als Modeaccessoires und Luxusartikel für anspruchsvolle Käufer neu positionieren.

Der Personal Computer entstand in den späten 1970er Jahren als Konsumartikel. Die ersten Maschinen, wie die von Apple, Commodore und Tandy, wurden aus den USA importiert, aber europäische Hersteller kamen bald auf den Markt und produzierten ihre eigenen Designs. Nur wenige dieser Personalcomputerfirmen stammten aus der traditionellen Computerindustrie. 1981 trat IBM, der führende Hersteller von Business-Computern, mit zwei wichtigen Konsequenzen in den PC-Markt ein. Erstens legitimierte die Imprimatur von IBM Personal Computing für Unternehmen, die Desktop-Computer bis dahin nicht allgemein als ernsthafte Informationsverarbeitung angesehen hatten. Zweitens etablierte der Einstieg von IBM einen standardisierten “PC”, der zu einer massiven Umstrukturierung und Konsolidierung der Branche führte. Bis zum Ende des Jahrzehnts wurden die meisten PCs von einer kleinen Anzahl multinationaler Unternehmen geliefert, hauptsächlich von amerikanischen und japanischen, obwohl Europa eine Reihe von zweitrangigen Akteuren wie Siemens und Olivetti unterstützte.

VIDEOTEX UND INTERNET

Obwohl Europa als Computerhersteller relativ erfolglos war, war es sehr erfolgreich bei der Einführung und Anpassung der Informationstechnologie, um seine industrielle Wettbewerbsfähigkeit und seine Informationsinfrastruktur zu verbessern. Die mit Abstand wichtigste europäische Entwicklung — wenn auch letztlich nur teilweise erfolgreich — war Videotex, die ein ganzes Jahrzehnt vor dem Aufkommen des Internets ein internetähnliches Erlebnis versprach.

In der Zeit von 1979 bis 1984 wurden nationale Videotexsysteme in etwa fünfzehn Ländern entwickelt, darunter Großbritannien, Frankreich und Deutschland in Europa sowie Kanada, Australien und Japan (aber nicht die Vereinigten Staaten). Videotex sollte ein Informationsdienst für Unternehmen und Verbraucher sein. Die Videotex-Technologie wurde im Vereinigten Königreich entwickelt und basierte auf dem dort entwickelten Videotextsystem für das Rundfunkfernsehen in den frühen 1970er Jahren. Nationale Videotexsysteme wurden in komplexen öffentlich-privaten Partnerschaften entwickelt, wobei die Netzinfrastruktur von den nationalen PTTs (Post-, Telegraphen- und Telefonbehörden) finanziert und kontrolliert wurde, ergänzt durch private Informations- und Ausrüstungslieferanten. Mit Ausnahme Frankreichs gelang es in allen Ländern, in denen Videotexsysteme entwickelt wurden, nach anfänglichem Enthusiasmus nicht, sich als Verbraucherdienste zu etablieren, und sie verschwanden allmählich oder wurden zu reinen Geschäftssystemen. Frankreich startete jedoch 1982 sein nationales Videotextsystem Télétel als Großprojekt. Télétel wurde als Mittel zur Modernisierung und Ergänzung der alternden Telefoninfrastruktur Frankreichs angesehen – und die “Killer-Anwendung” wäre ein Online-Telefonbuch. Die französische Regierung stellte preiswerte Terminals für Telefonbenutzer zur Verfügung, und bis 1988 gab es 4,2 Millionen Terminals und 9.500 Informationsanbieter. Die französische Initiative hat lange vor der Interneteuphorie der 1990er Jahre gezeigt, dass eine Regierung eine Informationsrevolution anstoßen kann. Der Ausfall von Videotexten hatte mehrere Ursachen: die Technologie war teuer und etwas unreif, und die Nichtteilnahme der Vereinigten Staatenuntergrub seine Glaubwürdigkeit. Zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts befand sich Frankreich in der unbequemen Position, ins globale Internet zu migrieren.

Obwohl das Internet allgemein als amerikanische Erfindung wahrgenommen wird, basiert es tatsächlich auf einer Konstellation von Technologien und Standards, die über einen Zeitraum von dreißig Jahren ab der zweiten Hälfte der 1960er Jahre weltweit ausgehandelt und entwickelt wurden. Eine der zugrunde liegenden Technologien des Internets ist beispielsweise die paketvermittelte Kommunikation, die in den 1960er Jahren im National Physical Laboratory im Vereinigten Königreich entwickelt wurde. Viele der Computernetzwerkkonzepte, auf denen das Internet basiert, wurden erstmals in der in Genf ansässigen Internationalen Organisation für Normung ausgearbeitet. Europas wichtigster Beitrag zum Internet war die Erfindung des World Wide Web durch den in Großbritannien geborenen Informatiker Tim Berners-Lee, der 1991 am Europäischen Teilchenphysiklabor CERN arbeitete. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Internet in erster Linie von der technischen und wissenschaftlichen Gemeinschaft genutzt, aber das World Wide Web öffnete es für normale Bürger durch Point-and-Click-Software, die sehr einfach zu bedienen war.

Europa hat das Internet begeistert angenommen. Bis 2005 hatten fast 50 Prozent der Bürger der Europäischen Union Zugang zum Internet, und der Rest Europas holte schnell auf (mit etwa 17 Prozent Zugang). In Zukunft wird das Internet massive, aber unvorhersehbare Folgen für Europa und den Rest der Welt haben. So ermöglicht das Internet den Unternehmen bereits heute den Zugang zu globalen Märkten, für die ihre geringe Größe und Abgelegenheit formal unüberwindliche Hindernisse darstellten. Das Internet hat das “Outsourcing” von Arbeitskräften ermöglicht — von dem einige Länder profitieren, während andere verlieren. Und die Übernahme des amerikanischen Englisch als Lingua Franca des Internets stellt eine große Herausforderung für das vielfältige kulturelle Erbe Europas dar.

Siehe auchwissenschaft; Technologie.

BIBLIOGRAPHIE

Campbell-Kelly, Martin und William Aspray. Computer: Eine Geschichte der Informationsmaschine. 2. Aufl. Felsblock, Colo., 2004.

Coopey, Richard, Hrsg. Informationstechnologiepolitik: Eine internationale Geschichte. Oxford, Vereinigtes Königreich, 2004.

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Randell, Brian, Hrsg. Ursprünge der digitalen Computer: Ausgewählte Papiere. 3. Aufl. Berlin, 1982.

Rojas, Raúl, Hrsg. Enzyklopädie der Computer und Computergeschichte. 2 bde. Chicago, 2001.

Martin Campbell-Kelly

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