Die Pathophysiologie des akuten Kompartmentsyndroms
Das akute Kompartmentsyndrom ist ein Zustand, bei dem ein erhöhter Druck auf engstem Raum die Durchblutung und Funktion der Gewebe beeinträchtigt, was zu Gewebeischämie, Nekrose und Nervenschädigung führt. Dieser Anstieg des Gewebedrucks hat seinen Ursprung in einer Abnahme der Kompartimentsgröße oder einer Zunahme des intrakompartimentalen Volumens durch Ödeme und/ oder Blutungen. Nach der arterio-venösen Gradiententheorie kann der kapillare Blutfluss durch erhöhten Venendruck, verminderten arteriellen Druck und erhöhten peripheren Gefäßwiderstand beeinträchtigt sein. Häufig entwickeln sich Kompartmentsyndrome während der Reperfusion nach einer ischämischen Phase. Während der Ischämie kommt es zu einer allmählichen Erschöpfung der intrazellulären Speicher von hochenergetischen Phosphatbindungen und Glykogenspeichern. Es kommt zu einem Aufbau von Glykolyseprodukten, insbesondere Milchsäure, mit begleitender Wasserstoffionenakkumulation sowie zu einem Anstieg intrazellulärer Reduktionsmittel. Die Reperfusion kann, anstatt die normale Muskelstoffwechselaktivität wiederherzustellen, schädliche Wirkungen verursachen, indem notwendige Vorläufer für die Adeninnukleotidresynthese ausgewaschen werden. Die Produktion von freien Sauerstoffradikalen erfolgt mit anschließender Lipidperoxidation, und der Calciumeinstrom erfolgt bei der Reoxygenierung mit der daraus resultierenden Unterbrechung der oxidativen Rephosphorylierung in den Mitochondrien. Darüber hinaus deuten mehrere Beweislinien darauf hin, dass weiße Blutkörperchen für die Pathogenese einer Reperfusionsverletzung wichtig sind. Die Hochregulation sowohl der neutrophilen Rezeptoren als auch der endothelialen Leukozyten-Adhäsionsmoleküle führt zur Sequestrierung weißer Blutkörperchen im Muskel mit Verlängerung der Reperfusionsverletzung. Dies führt anschließend zu Schäden an entfernten Organen wie Lunge, Leber, Herz und Nieren.