Grand Canyon

Heutige Indianerreservate (oben) und traditionelle Stammesgebiete (unten) im Bereich des Grand Canyon

Frühgeschichte

Es besteht Konsens unter den Wissenschaftlern, dass die Frühbesiedlung des amerikanischen Kontinents am Ende der letzten Eiszeit (Pleistozän), also vor etwa 12.000 bis 7000 Jahren begann. Der südliche Rand der Eisplatte verlief zu dieser Zeit ungefähr auf der Linie der heutigen Staatsgrenze zwischen Kanada und den Vereinigten Staaten. Das unmittelbar angrenzende Gebiet war Tundra und ging dann in ein ausgedehntes Waldgebiet über. Die ersten Einwanderer trafen offenbar auf eine artenreiche Tierwelt im ausgehenden Pleistozän. Wann genau allerdings die ersten Menschen über die Beringstraße, damals eine Landbrücke, nach Nordamerika kamen, ist einer der großen archäologischen Streitpunkte.

Wissenschaftler bezeichnen die Zeit zwischen 7000 v. Chr. bis zur Lebenszeit Christi als die Periode der Wüstenkultur oder Desert Cultures. Bereits in dieser Zeit lebten Menschen im Bereich des Grand Canyon. Die Angehörigen dieser Jäger- und Sammlerkultur hatten die Steppen und Wüsten Nordmexikos und den Südwesten der USA besiedelt. Die Ernährungsgrundlage für diese Völker, die Körbe und Sandalen herstellen konnten und mit Speerspitzen aus Stein auf die Jagd gingen, stellte die Kleintierjagd sowie die intensive Suche nach essbaren Pflanzen, Wildgetreide, Knollengewächsen und Beeren dar. Sie errichteten dauerhafte Grubenhäuser, runde oder viereckige Erdlöcher, die mit Zweigen und Schlamm bedeckt waren und Pithouses genannt werden.

Zwischen 1200 v. Chr. bis etwa 400 n. Chr. lebten die Basketmaker in der Region. Der Name bezieht sich auf die typischen Korbwaren in Wulsttechnik, die sich im trockenen Klima des Südwestens gut erhalten haben. Sie sind eine Vorstufe der Anasazi-Kultur mit Fundstellen auf dem südlichen Colorado-Plateau.

Anasazi

Bis etwa 700 v. Chr. lässt sich die Kultur der Anasazi zurückverfolgen. Die Anasazi waren auf dem Colorado-Plateau in den heutigen Bundesstaaten Arizona, Utah, Colorado und New Mexico beheimatet und lebten zunächst als Jäger und Sammler, später aber ernährten sie sich teilweise vom Anbau von Mais und Bohnen und der Zucht von Truthähnen. Sie wohnten zuerst in Grubenhäusern und danach in Pueblos, die aus ungebranntem Lehm (Adobe) erbaut wurden. Die Grubenhäuser wurden zu Kultstätten ausgebaut, den Kivas, die man genauso wie die verlassenen Pueblos an zahlreichen Stellen im Südwesten findet. Viele der Anasazi-Siedlungen sind im Schutz der trockenen Wüstenluft erhalten geblieben, andere wurden restauriert.

Im 14. und 15. Jahrhundert kam es zu umfangreichen Bevölkerungsbewegungen, deren Gründe man bis heute nicht vollständig erklären kann. Ab 1276 herrschte auf dem Colorado-Plateau eine außergewöhnliche Trockenheit; beinahe ein Vierteljahrhundert lang fiel kaum ein Tropfen Regen. Dies zwang die Anasazi vermutlich zum Verlassen ihrer Siedlungen. Sie zogen zu den Hopi-Mesas im nördlichen Arizona, zum Zuni River und zum Rio Grande. Die heutigen Hopi und die Pueblo-Indianer gelten als Nachfahren dieses Volkes.

Indianerkulturen der Neuzeit

Nachdem die Anasazi das Gebiet des Grand Canyon verlassen hatten, erschienen von Norden her athapaskisch sprechende Nomaden, die Apachen und Navajo, während von Süden und Westen her die Yuma, Zuñi und Hopi das Land besiedelten und sich in ihren traditionellen Stammesgebieten niederließen. Die reiche mündliche Überlieferung der meisten Stämme über diese Zeit wird von ausführlichen Ursprungs- und Wanderlegenden eingeleitet. Zu den Stämmen im Gebiet des Grand Canyon gehören die Walapai, Havasupai, Hopi, Navajo und Kaibab.

Walapai

Die Walapai oder Hualapai sind ein Yuman sprechender Stamm aus der Hokan-Sprachfamilie und ihr traditionelles Stammesgebiet erstreckte sich vom Bill Williams River im Süden bis zum Grand Canyon im Norden und reichte im Westen bis zum Colorado. Die Walapai waren ein kleiner Stamm, dessen Gesamtbevölkerung die Tausend nicht überschritt. Ihre winzigen Siedlungen bestanden gewöhnlich aus zwei oder drei Familien und waren auf dem wasserarmen Plateau überall dort anzutreffen, wo ein ständiger Wasservorrat zu finden war. Die Walapai betrieben etwas Feldbau, ernährten sich aber überwiegend von Wild und essbaren wilden Pflanzen. Heutzutage ist Viehzucht ihre wichtigste Lebensgrundlage und das Stammeseinkommen erwirtschaftet man aus Holzverkäufen. Wegen der begrenzten natürlichen Ressourcen müssen die meisten Walapai die Reservate verlassen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Volkszählung im Jahr 2000 ergab 1353 Walapai, davon 425 ständige Bewohner in der Hualapai Reservation. Die Walapi betreiben den Erlebnispark Grand Canyon West außerhalb des Nationalparks. Dort findet man auch den im Frühjahr 2007 eröffneten Grand Canyon Skywalk, der den Besuchern erlaubt, auf einer stählernen Brücke in Form eines Hufeisens, mit gläsernem Boden und Geländer, 1200 Meter über dem Boden des Grand Canyon zu stehen.

Havasupai

Auch die Havasupai sprechen Yuman wie ihre westlichen Nachbarn, die Walapai, von denen sie sich im 12. Jahrhundert getrennt hatten. Um Schutz vor möglichen Angreifern zu suchen, zogen sie auf den Boden des Grand Canyon. Noch heute sind sie der isolierteste Indianerstamm in den Vereinigten Staaten. Ihr Reservat im Havasu Canyon kann man nur zu Fuß oder auf dem Pferderücken über zwei lange Trails erreichen, die vom Rand des Canyons hinunterführen. Früher bewohnten die Havasupai den Canyonboden nur in den Frühlings- und Sommermonaten, um ihre winzigen Gärten zu bestellen. Nach der Ernte im Herbst zogen sie in ihre Winterquartiere auf dem Plateau, wo sie Hirsche, Antilopen und Bergschafe jagten. In den Wintermonaten wurde das Flusstal kalt und dunstig, weil die steilen Canyonwände den Sonnenschein nicht hereinließen. Das Verbrennen der Toten mit anschließender Vernichtung deren persönlichen Eigentums, eines von mehreren bei den Yuma üblichen Ritualen, wurde bis 1895 praktiziert, bis das Bureau of Indian Affairs diesen “unzivilisierten” Brauch untersagte. Der US-Zensus 2000 zählte 634 Angehörige, von denen 404 noch die traditionelle Stammessprache beherrschten.

Hopi

Die Hopi sind die westlichste Gruppe der Pueblo-Indianer und leben heute im nordöstlichen Arizona in einem 12.635 km² großen Reservat, das eine Enklave im wesentlich größeren Reservat der Navajo darstellt. Sie wohnen in Dörfern, die auf aus dem Colorado-Plateau emporragenden Mesas liegen, und sprechen einen Shoshone-Dialekt aus der uto-aztekischen Sprachfamilie. Die Hopi betrieben früher Ackerbau und züchteten Schafe. Vorwiegend wurde Mais angebaut, aber sie pflanzten auch Bohnen, Squash, Melonen und eine Reihe weiterer Gemüse und Früchte. Sie sind als ein tief religiöses Volk bekannt und Jungen und Mädchen begannen ihre zeremonielle Laufbahn bald nach dem vollendeten sechsten Lebensjahr mit der Einführung in den Kachinakult. Hopi-Kachinas waren maskierte Nachahmungen einer großen Anzahl von Göttern und Geistern sowie gestorbener Ahnen, die von Männern dargestellt wurden. Das bekannteste aller Hopi-Rituale ist der Ende August durchgeführte Schlangentanz, in dem die Akteure mit lebenden Schlangen im Mund tanzen. Tatsächlich sehen die Zuschauer nur einen kurzen, jedoch aufregenden Ausschnitt einer längeren Zeremonie, von der das meiste geheim in Kivas zelebriert wird.

Das Reservat der Hopi ist seit den 1960er Jahren immer wieder stark bedroht, da es Ansprüche auf die dort befindlichen Bodenschätze durch weiße Großunternehmen gibt. Jedoch konnten sich die Hopi bisher diesem Druck, auch durch eine sehr gute Öffentlichkeitsarbeit, widersetzen.

Navajo

Die Navajo, in ihrer eigenen Sprache auch Diné, sind mit 338.443 Angehörigen (laut Zensus von 2005) der größte aller indianischen Völker in den Vereinigten Staaten und leben größtenteils im mit 69.650 km² größten Reservat im Norden Arizonas und New Mexicos. Die Navajo sprechen wie die Apachen eine Athabasken-Sprache. Die einstigen Nomaden sind im Laufe der Jahrhunderte stark von den benachbarten Puebloindianern beeinflusst worden, mit der Folge, dass der Ackerbau zur wichtigsten Grundlage ihrer Subsistenz wurde. Doch die Region ist überwiegend trocken und ließ generell nicht genügend Ackerbau und Viehzucht zu, um für alle den Lebensunterhalt zu sichern. Tausende verdienen sich deshalb ihr Einkommen als Arbeiter fern vom Navajoland und eine beträchtliche Zahl hat sich auf bewässertem Land am Colorado und an solchen Orten wie Los Angeles und Kansas City niedergelassen.

Das religiöse System der Navajo ist vielfältig. Die komplexen Riten erfordern einen Spezialisten, den man nach seinem Können und der Länge der Zeremonien bezahlt. Die meisten Riten werden vorwiegend zur Heilung körperlicher oder seelischer Krankheiten inszeniert. Bei anderen Zeremonien gibt es einfache Gebete und Gesänge, und man fertigt Trockenmalereien aus Pollen und Blütenblättern an. In manchen Fällen gibt es öffentliche Tänze und Vorführungen, zu denen sich Hunderte oder Tausende von Navajo und Besucher versammeln.

Die Navajo unternahmen regelmäßig Raubzüge gegen Nachbarvölker und weiße Siedler, auch wenn dies nie den Umfang ihrer kriegerischen Verwandten, der Apachen, annahm. Sie galten als gefährlich genug, so dass Colonel Kit Carson 1863 schließlich den Befehl zu ihrer Unterwerfung erhielt. Mehr als 8000 Diné wurden im Jahr 1864 beim 480 km Langen Marsch in die Gefangenschaft nach Bosque Redondo im Süden New Mexicos gebracht.

Kaibab

Die Kaibab sind ein Zweig der Southern Paiute, der zur uto-aztekischen Sprachfamilie gehört und am North Rim des Grand Canyon im nordwestlichen Arizona sowie im südlichen Utah und südöstlichen Nevada lebte. Die Lebensgrundlage der Kaibab bildete das Sammeln von Nahrung. Sie führten ein halbnomadisches Leben, um zu den ergiebigsten Stellen zu gelangen, an denen die Wildpflanzen wuchsen. Ihr reichlicher Verzehr an genießbaren Wurzeln trug ihnen den verächtlichen Namen “Diggers” von den Weißen ein, aber sogar die überheblichsten Amerikaner mussten anerkennen, dass die Paiute in einem Land existieren konnten, wo ein Weißer ganz schnell verhungern würde. Nichts Essbares blieb unbeachtet: Kiefernsamen, wilder Grassamen, sogar Heuschrecken und Raupen. Großes Wild gab es kaum, sodass die Indianer Kaninchen, Vögel, Präriehunde und Mäuse fangen mussten. Das Kaibab-Reservat wurde 1917 eingerichtet. Das Land ist nur für die Viehzucht geeignet, obwohl einige Gärten bestellt werden. Ihren Lebensunterhalt verdienen sich diese Indianer mit einer stammeseigenen Herde und Lohnarbeit. Die Volkszählung von 2000 ergab 196 Stammesangehörige, die in dem 487 km² großen Reservat leben.

Der Bright Angel Trail (links im Bild)

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